Wien, Projekt des Sozialen Wohn­baues „Am Hirschenfeld“

027

Projekt 027

Das Projekt ging 1991 aus einem geladenen Wettbewerb als Siegerprojekt hervor. Die Wohnanlage ist als Niedrigenergiesiedlung konzipiert. Sie besteht aus einer Kombination von optimal orientierten Baukörpern mit hoher Wärmedämmung, Pufferräumen, Wintergärten, Sonnenfenstern und ausgeklügelter Haustechnik: eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und Vorwärmung der Frischluft. Das über 300 Meter lange, schmale Grundstück liegt an der stark befahrenen Brünner Straße und ist Teil eines Stadterweiterungsgebietes mit ca.3000 Wohneinheiten. Entlang dieser Straße wurde eine geschlossene, riegelartige fünf-geschossige Bebauung geplant. Den Abschluß dieses Riegels bildet am nördlichen Ende der sogenannte „Ausleger“. Den Beginn der Wohnhausanlage hingegen markiert ein sechsgeschossiger, aus der Flucht des Riegels ausgeschwenkter Kopfbau. Im Osten des Riegels stehen in lärm- und windgeschützter Lage zehn dreigeschossige Zeilenbauten mit je vier Reihenhaus-Maisonetten und darüberliegenden Wohnungen, die über einen offenen Laubengang erschlossen sind, sowie Kindertagesheim. Durch diese Anordnung wurde im Inneren der Siedlung ein geschützter und zu den angrenzenden Grünräumen ausgerichteter Freibereich, nach dem alle Wohnungen orientiert sind, geschaffen. Zudem wurde durch die Anordnung der Baukörper eine gegenseitige Verschattung vermieden, obwohl mit einer GFZ von 2,2 eine hohe Dichte erreicht ist.
Das Gebäudekonzept sollte jedenfalls nicht mit der üblichen Abwendung von der öffentlichen Straße (und damit der Stadt im allgemeinen) reagieren, sondern sich zur Straße hin öffnend ebenso selbst darstellen wie schützen. Die Laubengangzone wird durch ihre Transparenz zum öffentlicher Raum, hält aber gleichzeitig die unerwünschten Emissionen ab. Die Darstellung des Gebäudes zur Brünner Straße entspricht dem schnellen Autoverkehr, während das gleiche Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite in Form des Loggiengerüstes Freiheit für eine sehr kleinteilige Individualisierung bietet, die sehr intensiv genutzt wird.

Energiekonzept

Passive Nutzung der Sonnenenergie und hohe Wärmedämmung sowie entsprechende Speichermasse sind Voraussetzungen für einen niedrigen Energieverbrauch. Unterstützend wirkt sich auch der Einsatz einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und Vorwärmung der Frischluft aus. Unter Berücksichtigung der passiven Solargewinne wurde der Heizwärmebedarf mit Hilfe eines Computerprogrammes (WEBED) ermittelt: Demnach verbrauchen die Wohnungen des Riegels je nach Lage von 16,9 kWh/m²a bis 21,6 kWh/m²a, die der Zeilen von 27,4 kWh/m²a bis 35,3 kWh/m²a. Das entspricht im Mittel etwa einem Viertel des Wärmeverbrauchs eines vergleichbaren konventionellen Neubaus.

Passive Solarnutzung

Darüber hinaus sind die einzelnen Baukörper auf eine maximale Ausnutzung der Solarenergie angelegt. Die zehn drei-geschossigen Zeilenbauten sind südorientiert und mit Wintergärten und Sonnenfenstern ausgestattet. Die Gebäudeform der einzelnen Reihen wurde entsprechend optimiert: Mit einer höheren Südseite und einer niedrigeren Nordseite wird der flache Besonnungswinkel im Winter berücksichtigt. So können auch zu dieser Jahreszeit die Sonnenstrahlen bis ins Erdgeschoß der dahinterliegenden Häuserzeile gelangen. Um im Sommer eine ausreichende Beschattung sicherzustellen, springen an der Südfassade Dach und Obergeschosse stufenförmig vor. Die Wintergärten der Maisonetten sind zweigeschossig, so daß die erwärmte Luft zirkulieren und in die dahinterliegenden Räume gelangen kann.

Die Wohnungen des Riegels sind nach Osten zum Garten und zu einer Grünzone orientiert. Über sogenannte Sonnenerker, die aus der Fassadenflucht in Richtung Süden ausschwenken, werden zusätzlich Sonnenstrahlen eingefangen. Zur Straße hin wirkt eine verglaste und begrünte Laubengangzone als Klimapuffer und Schallschutz ebenso wie als Sonnenkollektor und Kommunikationsraum.

Gartenseitig ist dem Gebäude ein Logiengerüst vorgelagert. Die Riegel und Stützen des Rahmengerüstes ebenso die eingehängten Betonplatten sind industriell vorgefertigte Elemente. Die Loggienkosnstruktion ist thermisch von dem Gebäude und von den Erkern getrennt.

Durch die konstruktive Trennung der beiden Konstruktionen -Laubengang und Loggiengerüst- konnten Schall- und Wärmebrücke vermieden werden.

Die Zeilen bestehen aus einem 25 cm dicken Ziegelmauerwerk mit 10 cm Wärmedämmung. Die Wand zwischen den Wintergärten und Wohnungen wurde aus beton ausgeführt. Die Holzkonstruktionen des Kaltdaches liegt auf einer Stahlbetondecke auf. Die zweigeschossigen Wintergärten bestehen aus einer Holz-Riegelkonstruktion.

Gebäudelüftung

Als einem Schwerpunkt der Energiesparmaßnahmen wurde eine Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und Vorwärmung der Frischluft entwickelt – das erste mal in Mitteleuropa beim sozialen Wohnbau. Da der Verkehr auf der vierspurigen Brünner Straße erhebliche Emissionen verursacht, können die Wohnungen im Riegel nicht quergelüftet werden. Die kontrollierte Lüftung versorgt diese mit Frischluft und reduziert zudem die Lüftugswärmeverluste (um ca. 40%). Damit es zu keinen spürbaren Zugerscheinungen kommt, wird die Zuluft über eine Wärmerückgewinnungsanlage vorgewärmt. Je 30 Wohnungen sind an eine Wärmerückgewinnungsanlage im Dachgeschoss angeschlossen. Die Anlage fördert 5.500 Kubikmeter Zuluft pro Stunde und besitzt einen Wirkungsgrad von 60 Prozent. Vorgesehen ist ein einfacher Luftwechsel pro Stunde, bei Bedarf kann die Leistung der Anlage auch auf die Hälfte verringert werden. Frisch- und Abluft werden in den Hohlräumen der Stahlbeton-Hohlkörperdecke geführt, was eine kostengünstige Lösung darstellt. Die über Wärmetauscher vorgewärmte Zuluft wird in die Wohnräume eingebracht und Abluft zentral über die Nassräume abgesaugt.

Projektnummer
027
Status
Bauten
Planung
Arge Reinberg, Treberspurg, Raith
Auftraggeber:in
Gesiba, Wien
Ausführung
Wettbewerb
Wettbewerb als Siegerprojekt - 1991
Planungsbeginn
1991
Baubeginn
1993
Fertigstellung
1996

Baustelle