Kierling (Niederösterreich): Sanierung und Nachverdichtung eines Sozialen Wohnbaus

132

Projekt 132

Residential Housing, Remodelling and Renovation, Kierling by Architect Georg Reinberg, Vienna, Austria.

Das Gebäude wird seit Juni 1979 genutzt und dementsprechend waren wesentliche Teile der Sekundärstruktur (Fenster, Heizung, etc.) abgenutzt und mussten gewartet bzw. erneuert werden. Außerdem verursachten die mangelnde Wärmedämmung und die Elektroheizung unverhältnismäßig hohe Heizkosten, so dass vom Bauträger schon vor Planungsbeginn erste Überlegungen für eine – wie bei ähnlichen Objekten durchgeführte – Sanierung angestellt hatte: diese Überlegungen betrafen die Sanierung der Fenster, die Verbesserung der Wärmedämmung und der Herstellung eines Gasanschlusses, wobei ein Anbot der Wiener Stadtwerke zur Wärmelieferung (Herstellung eines kleinen Gasheizwerkes am Grundstück) vorlag und daran gedacht wurde, die Wärme über neu herzustellende Radiatoren (mit Wasser als Wärmeträger) zu verteilen. Diese Maßnahmen hätten dem bisherigen Vorgehen des Bauträgers bei Sanierungen entsprochen. Von Seiten des Architekten und Energietechnikers wurde die Idee einer exemplarischen „gesamtheitlichen Sanierung“ eingebracht und eine Vorstudie für eine Modellsanierung erstellt. Als die wesentlichsten Mängel im Bestand und die wichtigsten Gründe für eine ganzheitliche Sanierung ergaben sich:

Da die gegebenen Dämmwerte der Baustoffe relativ schlecht waren und die Details Wärmebrücken schaffen, wurde das gesamte Gebäude mit einer Wärmedämmfassade mit hohem Standard (20 cm) versehen. Ferner wurden die Fenster ausgetauscht und die Fensteranschlüsse zum Gebäude mit hoher Wärme- und Luftdichtigkeit ausgeführt. Die gegebene Kühlrippenfunktion der südlichen Balkone wurde durch eine allseitige Dämmung der Balkonplatten und zusätzlich durch eine Einhausung der Balkone mit einer Verglasung (Wintergarten) beseitigt. Die Kellerdecken wurden zu den beheizten Gebäudeteilen hochwertig gedämmt und die erdberührenden Kellerwände soweit innen und außen gedämmt, dass der Wärmeabschluss auch durch diesen Gebäudeteil minimiert wird.

Die Dachflächen wurden ebenfalls hochwertig gedämmt bzw. es wird durch das Aufsetzen von Wohnun­gen und entsprechende Wärmedämmung auch für diesen Bereich der Wärmeabfluss minimiert. Durch diese Maßnahmen und dank der gegebenen kompakten Bauform wurde der Wärmeverlust soweit ge­senkt, dass die Heizenergie über die Luft – und zwar ohne Komfortverlust und ohne den hygienisch notwendigen Luftwechsel zu überschreiten (Passiv-Haus-Prinzip) – eingebracht werden kann. Dadurch erübrigt sich die Installation eines völlig neuen Heizsystems (um die altersschwache und sehr teure Elektroheizung zu ersetzen)

Als weitere Maßnahme zur Heizenergie- (und Kosten-) Senkung wird die Wärme aus der Abluft zum Erwärmen der Zuluft über einen Wärmetauscher verwendet (Lüftungs­wärmerückge­winnung). Dadurch kann nicht nur die Wärme der Luft größtenteils im Haus gehalten werden, sondern es wird auch ständig beste Luftqualität (auch während der Zeit des Schlafens, bei­spiels­weise) garantiert und Schimmelbildung und ähnliche Probleme werden von vornherein ausge­schlossen. Es wurde sowohl die Variante zentrale Lüftungsanlage als auch dezentrale Lüftungsanlagen (je Wohneinheit) untersucht, wobei die dezentralen Anlagen Kom­fortvorteile zeigen, die zentrale Anlage kostenmäßig und ökologisch günstiger ist. Die Energieeinsparungen über die Dämmung und Lüftung mit Heizung über das Luftsystem sind mit 90% jedenfalls beachtlich.

Ein wesentlicher Teil des Wärmebedarfs wird – bei den äußerst geringen Verlusten – bereits durch die inneren Wärmequellen (Menschen, Haushaltsgeräte, Beleuchtung etc.) abgedeckt. Der geringe restliche Wärmebedarf wird über die nötigen Luftwechsel eingebracht (ohne die negativen Effekte von Klimaanlagen). Ein konventionelles Heizsystem wird nicht mehr benötigt. Laut Energieausweis beträgt der Heizenergiebedarf nach der Sanierung 9,67kWh/m2.a (davor: 100,2). Der Heizwärmebedarf des Neubauers beträgt entspr. Energieausweis: 13,49 kWh/m2.a. Ein erfolgtes Monitoring bestätigt die Berechnungen in der tatsächlichen Nutzung.

Die Wärme wird zentral über thermische Kollektoren und mit Biomasse (Pellets) erzeugt.

Die frühere Wassererwärmung über Elektroboiler wurde durch eine zentrale Warmwasserbereitung mit Solarkollektoren (90 m²) und Nachheizung aus Biomasse ersetzt.

Die Kollektoren befinden sich am Dach des Aufbaues auf dem Altbau.

Zu diesen Überlegungen wurden ausführliche Simulationsberechnungen unterschiedlichster Energiesanierungsvarianten durchgeführt, die interessanter Weise ergeben haben, dass durch die beschriebenen Maßnahmen nicht nur den Treibhauseffekt (gegenüber allen anderen Varianten) wesentlich verringern, sondern dass diese Maßnahmen auch schon nach wenigen Jahren die finanziell günstigste Variante darstellen.

Den Bestandsbauten wurden Lifte beigestellt (am Treppenhaus) und eine zentrale Erschließung Stiege mit einem Lift ermöglicht den Zugang zu den Neubauten und – über eine Brücke – auch zu den Bestandsbauten.

Zunächst stellt die Barrierefreiheit sicher für alle Bewohner eine Qualitätsverbesserung dar. Die vorgesetzten Lifttürme setzen ein selbstbewusstes Zeichen für Erneuerung, Ökologie und Modernität des Gebäudes. Neue Zugänge zu den Stiegenhäusern im Bereich der Lifte (verschließen ehemaliger offener Bereiche) ermöglichen die Schaffung von Gemeinschaftsräumen im Erdgeschoß. Die neuen Wintergärten an der Südseite bilden Pufferräume (geringerer Wärmeverlust und passive Solargewinne).

Innerhalb eines theoretischen Satteldachumrisses (als baubehördlich unbedenkliche Ausbau­möglichkeit) wurde ein zweigeschossiger Dachausbau möglich. Dieser ist von Süden her den ganzen Winter besonnt und bietet attraktive Ausblicke nach Norden.

Der Ausbau wurde mit Massivholzplatten ausgeführt. Neben den ökologischen Vorteilen bietet dieses System auch den Vorteil geringer Belastung für den Bestand und sehr schnelle Montierbarkeit.

Der Dachausbau erspart Wärmedämm- und Sanierungsmaßnahmen am bestehenden Dach und diese Wohnungen konnten zur Finanzierung der hochwertigen Sanierung des Bestandes beitragen. (die mögliche Miterhöhung war sehr knapp bemessen)

Die Ausführung erfolgte im Passivhausstandard.

Da die Bebaubarkeit des Grundstückes noch nicht ausgenutzt ist, wurde eine entsprechende Nachverdichtung – ebenfalls in Passivhausqualität – realisiert

Link zum Projekt bei der Qualitätsplattform Sanierung.

Projektnummer
132
Status
Bauten
Planung
Georg W. Reinberg, Margit Böck, Lucie Weissova
Auftraggeber:in
BUWOG
Ausführung
Planungsbeginn
2001
Baubeginn
2012
Fertigstellung
2013
Grundstück
4.812 m2
Nutzfläche
3.806 m2
Umbauter Raum
22.652 m3
Bebaute Fläche
1.142 m2

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